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Brose-Baskets

Zwischen Schminkaktion, Spektakel und Rangierbahnhof

Das P-Seminar „Sportjournalismus“ der Q11 des Gymnasiums Burgkunstadt auf

Spurensuche zur Erfolgsgeschichte der Brose Baskets Bamberg

 

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“Das Runde muss ins Runde!“ – Was das Ziel eines jeden Basketballers ist, gelingt ihnen seit geraumer Zeit besonders gut: Die Brose Baskets. Letzten Sonntag startete das wohl bekannteste Profiteam Oberfrankens mit einem deutlichen 95:54 gegen die s.Oliver Baskets Würzburg in die Playoffs um die Deutsche Meisterschaft. Wir, das P(rojekt)-Seminar „Sportjournalismus“ der Q11 des Gymnasiums Burgkunstadt, begaben uns an diesem Abend auf Spurensuche hinsichtlich dieser Erfolgsgeschichte

- und das in verschiedenen Kategorien:

Der Trainer:
An dem Höhenflug der Bamberger in den letzten Jahren hat natürlich auch der Headcoach An-drea Trinchieri maßgeblichen Anteil. Immer schick gekleidet, zottelige Haare, etwa 75 (!) ver-schiedene Brillenmodelle und immer wild gestikulierend an der Seitenlinie auf und ab laufend, das sind einige seiner Markenzeichen. Der Erfolgstrainer der Bamberger Basketballer ist zweifelsohne ein Coach mit besonderer Würze: Ohne Unterbrechung applaudiert, schimpft, klatscht er seine Spieler ab, scheint die ganze Zeit über wie elektrisiert zu sein. Im Vergleich zu sonst wirkte er beim ersten Playoffabend letzten Sonntag beinahe schon entspannt und ruhig, vielleicht auch, weil die Partie faktisch schon lange vor der Halbzeit entschieden war. Seine Emotionen kamen nur zum Vorschein, wenn das Schiedsrichtergespann in seinen Augen falsch ent-schieden hatte. Da seine Spieler einen sicheren Start-Ziel-Sieg einfuhren, brauchte er an diesem Abend auch nicht seine Fähigkeiten als Taktiker zu offenbaren. Sein Hauptaugenmerk lag da-rauf, dass die Spieler konzentriert bleiben und den Gegner nicht auf die leichte Schulter nehmen. Dies gelang dem italienischen Heißsporn gut.
Seine kühle Analytikerseite kam dann auf der anschließenden, eher knappen Pressekonferenz zum Vorschein. Obwohl sein Team so dominiert hatte, spuckte er keinerlei große Töne: „Es steht nur 1:0 in der Serie, nicht mehr!“ Auch sein Spielfazit fiel zurückhaltend und treffend aus: „Wir hatten eine gute Defensive und haben den Ball gut bewegt.“
Genau diese Mischung aus Ehrgeiz und Bescheidenheit dürfte ein Faktor für das sehr gute Trai-ner-Spieler-Verhältnis sein, welches für den Erfolg der Brose Baskets essenziell ist. Gleichzeitig hat aber auch das Publikum entscheidenden Anteil am Erfolg der Mannschaft. Um die eigenen Fans gelegentlich noch heißer zu machen, ist Trinchieri auf Grund seines Temperaments genau der Richtige und vielleicht auch deshalb so beliebt bei den Fans und bei den Spielern.

Die Spieler
„Die Hoffnung starb sehr früh“ hätte man schon im ersten Viertel meinen können, als die Würzburger Gäste förmlich überfahren wurden von der Athletik und Dynamik der Domstädter. 21:9 stand es nach etwa acht Minuten, und es hatte ein bisschen was von Rangierbahnhof, so unge-hindert donnerten die Brose Baskets ein ums andere Mal ungehindert auf den Korb der s.Oliver Baskets zu: Der erste kam im D-Zug-Tempo aus Südwest und schloss per Dunking ab, der nächste von der anderen Seite. Und wenn die Würzburger die Einfahrtswege tatsächlich mal blockierten, kam ein Pass nach draußen zu den Distanzschützen, die fast tiefenentspannt ihre Dreier versenkten.
Klar: Auch für den Geschmack ihres Headcoaches Doug Spradley machten es die Würzburger den Brose Baskets zu oft zu einfach. Aber was soll man machen gegen diese geballte Power in Verbindung mit der extremen Tiefe im Kader der Oberfranken? Aus einem Team, für das die Redensart „Die Mannschaft ist der Star“ erfunden worden sein könnte, ragt ab und zu Topscorer und Kapitän Bradley Wanamaker heraus. Mit seinem Spielmacherkollegen Nikolaos Zisis hatte er alle Fäden in der Hand, sodass die Domstädter ihr beeindruckendes Offensivspiel präsentie-ren konnten. Und wenn einer im Team tatsächlich mal einen schlechten Tag erwischt haben sollte, finden sich immer andere, die in die Bresche springen. So war es fast die gesamte Saison über. Diesmal trafen neben Wanamaker zum Beispiel Elias Harris (14 Punkte) und Darius Miller (16) zweistellig.
Die Folge: 41 Punkte Differenz – die höchste Packung für die Würzburger in ihrer Bundesliga-Geschichte und die neunte Pleite im neunten Vergleich mit den Bambergern.

Die Atmosphäre und die Fans
„Lauter, angespannter, intensiver“ – so beschreibt ein Fan der Brose Baskets die besondere At-mosphäre der Play-Offs. Und da hat er wohl Recht – selbst ich als Fußballfan bekam eine Gänsehaut beim Anblick der rund 6800 fast ausschließlich in Rot gekleideten Zuschauer, die ihr Team mit Trommeln und schallenden Fangesängen durch das Spiel begleiteten. Der Gegner kriegt da gerne mal einen mit, erst recht, wenn die aussichtslose Lage des Teams erkannt wird. Nicht ganz ohne Häme schmetterten die Brose-Fans den Würzburgern ein entmutigendes „Ihr verliert doch sowieso!“ entgegen.
Obwohl dem Spiel früh die Spannung genommen war, erfreuten sich die Bamberger umso mehr am „guten Basketball direkt vor der Haustür“. Der Fanclub der Brose Baskets zelebrierte den Play-Off-Auftakt auf seine ganz besondere Art und Weise: „Heute trafen wir uns zwei Stunden vor dem Spiel, um unsere eigens geplante Schminkaktion zu organisieren“, berichtete uns ein Mitglied. So wirkten die Bamberger Hardcore-Fans wie rot bemalte, Fahnen schwenkende Krieger, die eine eindrucksvolle Atmosphäre in der brose ARENA kreierten. Ununterbrochen wurde getrommelt und gegrölt, ein Besuch bei den Brüllaffen im Zoo ist definitiv harmloser für das Gehör.
Meiner Meinung nach übertraf dies bei Weitem die Stimmung in einem Fußballstadion, da die Halle fast vollständig mit Brose Baskets Fans gefüllt war, fühlte man sich wie ein Teil einer Familie, als Teil der Region und als Teil des Basketballs.

Oder gar: Das Dance Team?
Zusammen mit Freaky, dem Maskottchen, und den Fans heizen auch 14 junge Damen in roten Miniröcken und weißen, bauchfreien Tops die brose ARENA auf – das Brose Baskets Dance Team.
Leichtfüßig hüpfen sie zu festgelegten Zeitpunkten auf das Feld, immer ein Strahlen im Gesicht – ein echter Hingucker, gerade natürlich für die Männer. Zur Aufrechterhaltung der Stimmung tragen sie während jeder Auszeit des Spieles bei, egal, ob sie bei Gewinnspielen helfen oder tan-zen. Und im Spiel? Da feuern sie mit den Fans ihr Team vom Spielfeldrand aus an. Mit einer passenden Mini-Choreo reagieren sie spontan auf verschiedene Schlachtrufe. „Insgesamt hat meine Truppe immer 30-40 Moves zu den Fangesängen parat“, so ihre Trainerin. Und tatsäch-lich sieht man im Laufe des Spieles unterschiedlichste Bewegungen, die pfiffig mit Pom-Poms in Szene gesetzt werden. Da braucht es reichlich Talent, will man die Stimmung in der Arena noch weiter anheizen. Deswegen wird der Nachwuchs sorgfältig ausgewählt, indem eine Anwärterin zwei bis drei Trainingseinheiten beobachtet und dann bei „erkennbarem Talent“ aufgenommen wird.

Die Organisation
„Es gibt keine einfachen Antworten auf die Frage nach den Gründen für unsere Erfolge der letz-ten Jahre“, erklärt Brose-Mediendirektor Thorsten Vogt im Pressegespräch mit uns rund eine Stunde vor Spielbeginn. Er war mal Leiter der Sportredaktion bei TV Oberfranken und seine Aussage stimmt und stimmt doch nur zum Teil. Denn zugegeben: Es muss vieles zusammenpassen, um das Gesamtpaket „Spitzenbasketball in Bamberg“ nach vorne zu bringen. Einem Motto aber haben sich offenbar alle verschrieben: Professionalität! Bei Spielern und Trainern versteht sich das von selbst – Basketball ist ihr Job, für den sie zwar nicht ganz so fürstlich entlohnt wer-den wie die Fußballprofis, aber halt doch ganz manierlich.

Darüber hinaus wird auch beim gesamten Drumherum dem Zufall so rein gar nichts überlassen: Sponsorenpflege im VIP-Bereich, Jugendkonzept und Kontakt zu den Schulen des Umlands, Fanartikel, Öffentlichkeitsarbeit, Gewinnspiele usw. – die 42 Angestellten haben immer was zu tun, egal, ob in der Hierarchieebene ganz oben angesiedelt wie Mediendirektor Vogt oder etwas weiter unten wie FSJler (= Freiwilliges soziales Jahr) Max aus Kronach: Der 19-Jährige will demnächst Sportmanagement studieren und betreut in der Vorhalle gerade eine kleine Wurfakti-on für Kinder, die es bei jedem Heimspiel gibt. Unter der Woche hilft er dann beim Breitensport-training für 6- bis 8-Jährige oder bei Sportarbeitsgemeinschaften in der Schule.
Maxi hat dann doch eine relativ einfache Antwort: „So ein Spiel wie heute ist für einen Zuschauer eben mehr als nur ein Spiel.“ – „Ein Event?“ – „Genau das!“

Verantwortlich für die Texte:
Lena Braun, Lucas Höfer, Annika Jäger, Jakob Kubin, Julian Merklein, Selina Müller, Marianna Schmidt, Lara Schmölzing, Jan-Hendrik Straten und Christian Voll

Zu den Fotos:

Recherche vor Ort: Annika Jäger und Lena Braun (von links) vom P-Seminar Sportjournalismus erhalten bereitwillig Auskünfte von der Trainerin des Brose Baskets Dance Teams.

Gleich nach der Dusche im Visier der Medienvertreter: Nationalspieler Elias Harris (links) berichtet diversen Journalisten von einem fast perfekt absolvierten Spiel. Unter ihnen auch die Burgkunstadter Gymnasiasten Jakob Kubin und Julian Merklein (vorne von links).

Fotos: cv