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Extremismus und Populismus

Populisten und Extremisten auf dem Vormarsch in Europa

Q11 lässt sich durch Europäische Akademie über aktuelle demokratiefeindliche Bewegungen informieren

 

DSC 0720 Populismusvortag

 

Auch wenn sie oft in einem Atemzug genannt werden, Extremisten und Populisten unterscheiden sich doch stark voneinander, so Thorsten Kerl, Studienleiter der Europäischen Akademie in München, gleich zu Beginn seines 90-minütigen Vortrags am vergangenen Montag, den 27.3.2017 in der Aula des Gymnasiums Burgkunstadt. Die knapp 70 Oberstufenschüler der Q11 folgten gespannt seinen Ausführungen über Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verschiedenen „-ismen“, wie dem Fundamentalismus, dem Rechtsextremismus und eben dem Populismus.

Während nämlich Extremisten, wie die rechtsextreme NPD, die Reichsbürgerbewegung und die europaweit agierende, im doppelten Sinne „junge“ Bewegung der „Identitären“, offen aggressiv und systemfeindlich auftreten, den Nationalsozialismus zumindest verharmlosen, Pluralismus und Meinungsvielfalt ablehnen und einer autoritären, antidemokratischen Ideologie anhängen, nutzen Populisten zwar oft dieselben Positionen und Feindbilder, nämlich die Angst vor Überfremdung durch den Zuzug weiterer Migranten, die Ablehnung der Europäischen Integration und gleichsam als positives Gegengewicht die Liebe und Verbundenheit zur eigenen Heimat. Dies jedoch weniger aus ideologischer Überzeugung und aus einer grundsätzlichen Ablehnung des demokratischen Staates heraus, sondern aus Opportunismus.

Der Tabubruch durch diskriminierende, rassistische und fremdenfeindliche Äußerungen ist ihnen vor allem Mittel zum Zweck, um Wähler zu gewinnen, Anhänger an sich zu binden und vor allem die mediale Aufmerksamkeit zu erregen. Wie gut dies gelingt, beweisen die Wahlerfolge populistischer Parteien im In- und Ausland. Marine Le Pen und der Front National in Frankreich, die Ein-Mann-Partei von Geert Wilders in den Niederlanden, Beppe Grillo von der Fünf-Sterne-Bewegung in Italien und Heinz Christian Strache von der FPÖ in Österreich zeigen, dass diese Taktik gut funktioniert.

Am Beispiel der AfD verdeutlicht der Referent Thorsten Kerl eindrucksvoll, wie durch den „Tabubruch“ Höckes durch seine Äußerungen zum Holocaust-Mahnmal in Berlin und durch das als „Gegenreaktion“ der Parteichefin Petry inszenierte (und wie vorauszusehen gescheiterte) Parteiausschlussverfahren gegen Höcke die Aufmerksamkeit der gesamten Öffentlichkeit über Wochen hinweg auf die AfD gelenkt wurde.

Auf die Rolle der Medien bezog sich dann auch die erste Schüler-Frage in der abschließenden Diskussion. Zu Recht wurde erkannt, dass sich auch die öffentlich-rechtlichen Medien hier oft von Populisten instrumentalisieren lassen und begierig deren provokanten Äußerungen weitertragen. Ein Boykott wäre hier manchmal wünschenswert, doch garantiert die sachliche Berichterstattung zumindest eine kritische Sicht auf derartige Äußerungen. Anderenfalls würden die Nachrichten ausschließlich unkommentiert im Netz Verbreitung finden, so Thorsten Kerl. Weitere interessierte Nachfragen der Schüler bezogen sich auf die Identitäre Bewegung und auf die Ursachen der steigenden Anhängerschaft populistischer Parteien.


Mit einem Blick in die nahe Zukunft und dem Applaus des Publikums für die kenntnisreichen und kurzweiligen Ausführungen des Referenten endete der Fachvortrag, der im Rahmen des W-Seminars „Projekt Europa – gestern, heute und auch morgen?“ organisiert worden war.

Die in diesem Jahr anstehenden Landtags- und Bundestagswahlen werden zeigen, inwieweit populistische Politik auch in Deutschland akzeptabel und „wählbar“ geworden ist.


Text und Bild: BCh